SPD verweigert sich ihrem OB
Offenbach - Gestern Abend dürfte sich Offenbachs SPD-Fraktion auf Konfrontationskurs mit ihrem Oberbürgermeister begeben haben. Die Genossen sind fest entschlossen, ihren Unterbezirksvorsitzenden Stephan Wildhirt auf den gut dotierten und einflussreichen Sessel des Stadtwerke-Chefs zu hieven. Von Thomas Kirstein
Stephan Wildhirt soll neuer Chef der Stadtwerke werden.
Diese politische Lösung missfällt Horst Schneider. Der OB hält inzwischen ganz offensichtlich wenig von der Aussicht, dass sein Parteifreund den Stadtkonzern steuern könnte. Zudem scheint er in seinem Vorgänger als Bürgermeister nicht den idealen Partner für seine Vorstellungen von Standortentwicklung zu erblicken.
Wildhirt, noch bis Ende Dezember Direktor des Planungsverbands, hat frühzeitig seine Ansprüche durchblicken lassen. Der ihn vehement unterstützende Stadtverordnete Erich Strüb behauptet, dass Horst Schneider selbst Stephan Wildhirt einst die Position angeboten habe.
Inzwischen aber setzt der OB auf „ein transparentes Verfahren“. Von der Koalition aus SPD, Grünen und FDP abgesegnet, beauftragte der Magistrat ein privates Personalberatungsbüro mit der Sichtung möglicher interner und externer Kandidaten.
Das Ergebnis kommt dem Oberbürgermeister zupass: Ein von den Beratern erstelltes Anforderungsprofil wird am besten erfüllt, wenn zwei bereits bei den Stadtwerken tätige Geschäftsführer im Doppelpack zeichnen.
Wildhirt beim Ranking „nicht weit vorne“
ESO-Chef Peter Walther, der Finanzexperte und Fachmann fürs SOH-Rechnungswesen, und der kaufmännische SOH-Geschäftsführer Dieter Lindauer, der Projektentwickler, sollen sich ergänzen. Es seien auch andere externe Bewerber unter die Lupe genommen worden, heißt es im Rathaus - Wildhirt habe „beim Ranking nicht besonders weit vorne gelegen“.
So etwas erschüttert die SPD-Fraktion nicht in ihrer Treue zum Parteichef. Irritiert ist man eher vom Alleingang des Oberbürgermeisters.
Fraktionschef Stephan Färber weist auf die Vereinbarung hin, dass im Magistrat nichts ohne vorherige Absprache mit den Partnern entschieden werden solle: „Die Geschäftsführer-Frage darf nicht zu Verwerfungen in der Koalition führe. Unsere Fraktion steht geschlossen hinter Stephan Wildhirt“, lässt er sich als einzige Stellungnahme entlocken.
Auf eine geschlossene Gefolgschaft in der eigenen Fraktion kann sich OB Horst Schneider momentan nicht stützen. Zwar bekommt er Mehrheiten für seine Projekte, doch geben einige insgeheim zu, dass sie bei manchen Schneider-Vorstößen im stillen Kämmerlein mit dem Kopf schütteln. Öffentlich bloßstellen wollte bislang niemand die Galionsfigur, doch halten Sozialdemokraten ihren OB bisweilen für nicht offen für gute Ratschläge.
Als wolle der OB mit dem Kopf durch die Wand
Die Frage „Wildhirt oder Doppelspitze“ wird der Offenbacher SPD heiße Zeiten bescheren. Momentan deutet alles darauf hin, als wolle der OB mit dem Kopf durch die von der Fraktion aufgestellte Wand.
Da kollidieren auch gegensätzliche Vorstellungen von der künftigen Ausrichtung der einst von SPD-Oberbürgermeister Gerhard Grandke als reine Finanzholding ins Leben gerufenen SOH. Schneider möchte sie als eine Art verlängerten Arm des Magistrats, wenn es um die Planung und Erledigung von vielen Projekten geht. In der SPD herrscht die Meinung vor, mit Stadionneubau, Sportzentrum Wiener Ring, Erasmusschule und der Hafenentwicklung sei die SOH schon mehr als ausgelastet.
Was der Konzern an der Spitze brauche, sei demnach auch kein Projektentwickler wie Dieter Lindauer, sondern einer, der wisse, wie man auf und mit politischen Ebenen agiere - Wildhirt eben. Und dem, so eine sozialdemokratische Kompromiss-Idee, könne ja der geschätzte Finanzverwalter Peter Walther an die Seite gestellt werden.
Dieser Vorschlag zielt in Richtung CDU. Die kann zwar nichts gegen die Koalitionsmehrheit - FDP und Grüne trügen Wildhirt wohl letztlich mit - ausrichten, wäre aber bei der Postenbesetzung gern mit im Boot gesehen.
Walther ist zwar der Unionsfavorit, jedoch wird sich die CDU keinesfalls auf den SPD-Parteivorsitzenden einlassen. So macht es wenigstens ihr Fraktionsvorsitzender Peter Freier deutlich: „Wir lehnen Stephan Wildhirt kategorisch ab, dafür gibt es keine sachliche und fachliche Notwendigkeit, das das wäre nur Versorgung. Die SOH-Geschäftsführung ist keine politische Tätigkeit. Wir unterstützen den Vorschlag des Oberbürgermeisters."
Quelle: Offenbach Post